BERLIN-LICHTENBERG | U-BAHNHOF MAGDALENENSTRASSE

Berlin-Lichtenberg, U-Bahnhof Magdalenenstraße

Neubau eines Personenaufzuges
  • Planung, BPU
Planung2008 - 2009
Ausführung2011

(Aus dem ursprünglichen Entwurfskonzept:)

Der Block Magdalenenstraße/ Normannenstraße/ Ruschestraße/ Frankfurter Allee war bis 1989 Hauptsitz des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Für viele Berliner ist der Name ,,Magdalenenstraße" gleichbedeutend mit ,,Stasi-Zentrale". Die Staatssicherheit war das verdeckt arbeitende Ausforschungs- und Repressionsorgan des Staates. Die Staatssicherheit war somit das ,,U-Boot" in der Gesellschaft.

Der U-Bahnhof ist ein unterirdisches technisches Bauwerk, das in seiner Grundform an den Schiffskörper eines Unterseebootes erinnert. Lediglich der Turm ist beim Auftauchen zu sehen.
Der Personenaufzug ist das einzige dreidimensionale Bauteil, das den U-Bahnhof oberirdisch erkennbar werden lässt.

Der Mittelstreifen der Paradestraße Frankfurter Allee, vormals Stalinallee und Karl-Marx-Allee, ist ein angemessener Ort, mit einer baulichen Andeutung an die unheilvolle Geschichte des Blocks unmittelbar nördlich des U-Bahnhofs zu erinnern.

Juli 2008, Alexander Bertsch


Wir zitieren aus dem Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Werkstatt für Architektur und Denkmalschutz aus dem Jahr 2009 und geben unsere Meinung zu den einzelnen Kritikpunkten direkt im Anschluss wieder:

 ,,Die Erinnerung an die ehemalige Stasizentrale durch die Gestaltung des Aufzuges als Turm eines U-Bootes wird für Außenstehende schwer nachvollziehbar sein."

Wir haben den Entwurf in den letzten Monaten einer Vielzahl von Menschen vorgestellt. Dazu gehören natürlich die mit dem Projekt beschäftigten Mitarbeiter des Bauherrn und der zuständigen Behörden. Wir haben unseren Vorschlag aber auch mit Freunden, Kollegen und Opfern des Ministeriums für Staatssicherheit diskutiert. Unter all diesen Personen gab es bisher niemanden, dem sich das symbolische Bild des U-Bootes nicht auf Anhieb erschlossen hätte. Die Aspekte ,,nicht sichtbar" oder ,,verdeckt arbeitend", ,,sich nur gelegentlich und zu einem geringen Teil zeigend", ,,geheimnisvoll", ,,bedrohlich", ,,kriegerisch", ,,einschüchternd", ,,anonym", ,,repressiv" ,,intern militärisch strukturiert" wurden dabei genannt und deren bauliche Umsetzung als angemessen und sehr treffend empfunden. Nach unserer Einschätzung wird auch die regionale und überregionale Presse dazu beitragen, dass gewählte Symbol in die Öffentlichkeit zu tragen und die Menschen für das Bauwerk und den inhaltlichen Hintergrund interessieren. Darüber hinaus ist angedacht, bei der von der BVG ohnehin durchgeführten Sanierung der Bahnhofsvorhallen und der dazu gehörigen Gestaltung der Wandflächen Hinweise auf die dem Aufzug zu Grunde liegende Entwurfsidee zu geben.

 ,,Die Massivität dieses Bauwerks würde die Sichtbeziehungen in der Frankfurter Allee deutlich beeinträchtigen."

Die Breite des Straßenraums der Frankfurter Allee beträgt an der Stelle des geplanten Aufzuges mehr als 72 Meter. Die Breite der oberirdischen Aufzugseinhausung im Straßenraum beträgt 2,95 Meter. Die Gebäude nördlich der Frankfurter Allee haben zwischen 5 und 13 Vollgeschosse. Ihre Höhe beträgt zwischen 16 und 41 Meter. Die Gebäude südlich der Straße haben 11 oder 20 Vollgeschosse. Ihre Höhe dürfte sich auf ca. 33 bzw. 60 Meter belaufen. Die Aufzugseinhausung hat eine Höhe von 5,60 Meter. Die oberirdische Aufzugseinhausung ist aufgrund ihrer geringen Größe nicht geeignet, die Wirkung des Straßenraums zu beeinträchtigen oder Sichtbeziehungen zu behindern. Zudem ergeben sich die äußeren Abmessungen der Aufzugshülle nicht aus entwurflichen Ansprüchen, sondern lediglich aus den technischen Erfordernissen.

 ,,Wahrscheinlich würden die großen grauen Flächen bald mit Graffitti beschmiert werden und den geschichtlichen Aspekt in den Hintergrund verdrängen oder gar ins Lächerliche ziehen."

Die Prägnanz und Symbolhaftigkeit der Aufzugseinhausung in Form des U-Boot-Turms stellt sicher, dass die Aussage nicht verfälscht oder ins Gegenteil gewendet werden kann. Es sind die klare und eindeutige Form des Bauwerks und der einfache Sinnzusammenhang, die eine Verkehrung der Entwurfsaussage ausschließen. Der BVG und den Entwurfsverfassern ist die Vandalismus-Problematik durchaus bekannt. Deshalb wurde für die nicht-transparenten Flächen ein Material gewählt, das sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre besonders gut eignet, von Graffiti gereinigt zu werden: Es handelt sich dabei um emaillierte Stahlplatten.Die Glasflächen werden wie üblich mit einer Folie versehen, die Scratching-Versuchen vorbeugen soll.

 ,,Wir plädieren für eine Gestaltung des Aufzuges als transparente Stahl-Glaskonstruktion, so wie an den übrigen Bahnhöfen."

Die Errichtung einer Stahl-Glaskonstruktion ,,wie an den übrigen Bahnhöfen" wird der historischen Relevanz des Ortes nicht gerecht. Es handelt sich bei der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit nicht um Bezirksgeschichte oder Berliner Geschichte. An diesem Ort wurde ein Kapitel Deutscher Geschichte geschrieben. Dem Straßenbild nördlich der Frankfurter Allee ist dies jedoch nicht anzusehen. Zehntausende benutzen die Straße täglich ohne zu ahnen, was sich in und hinter dem Blockrand ereignet hat. Der Versuch, das Ministerium zur Straße möglichst unauffällig zu gestalten und wie eine Wohnbebauung wirken zu lassen, zeigt bis heute seine Wirksamkeit. Aus diesem Grund ist der bauliche Hinweis auf die Besonderheit dieses Straßenabschnitts an dieser Stelle zwingend. Dieser Ort ist nach unserer Auffassung kein Ort für Beliebigkeit.

Juni 2009, Alexander Bertsch


Leider wurde der Entwurf trotz der eingearbeiteten Änderungen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Werkstatt für Architektur und Denkmalschutz, mit wechselnden Begründungen abgelehnt.

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